16.08.2018

Bundesregierung muss sich für Seenotrettung einsetzen

Drei Tage vor dem Welttag der humanitären Hilfe weist der Verband für Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe (VENRO) auf die unhaltbare Situation vor den Außengrenzen Europas hin. Der Tod von Flüchtlingen werde zur Abschreckung in Kauf genommen, indem die private Seenotrettung massiv behindert wird. Trotz sinkender Flüchtlingszahlen gebe es unverhältnismäßig viele Tote. Darum fordert VENRO, dass Seenotrettungsorganisationen nicht mehr kriminalisiert und festgesetzt werden, sondern sofort ihre Arbeit wieder aufnehmen können.

„Die EU nimmt im Zuge ihrer Grenzpolitik den vielfachen Tod von Geflüchteten in Kauf. Vor unseren Augen spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab, für die die EU und damit auch Deutschland Verantwortung tragen. Allein in den Monaten Juni und Juli sind mehr als 850 Menschen ertrunken. Die Bundesregierung muss sich endlich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass das Humanitäre Recht auf dem Mittelmeer eingehalten und umgesetzt wird“, sagt Inez Kipfer-Didavi, stellvertretende Vorstandsvorsitzende von VENRO. „Wir fordern Bundeskanzlerin Merkel auf, alle Hebel ihrer Macht in Bewegung zu setzen, damit Seenotrettungsorganisationen nicht weiter kriminalisiert und durch administrative Fallstricke, Hafenblockaden und Gerichtsverfahren behindert werden. Die aktuelle Situation ist ein Skandal. Dass humanitäre Helferinnen und Helfer zum Angriffsziel in Kriegskonflikten werden, kennen wir eigentlich aus undemokratischen und fragilen Staaten wie Syrien, Somalia oder dem Südsudan. Das Mittelmeer muss wieder ein Gebiet werden, in dem internationales Recht, europäische Werte und Menschlichkeit gelten.“

Malta hinterfrage nach drei Jahren auf einmal die Beflaggung mehrerer Rettungsschiffe, stelle den Kapitän der deutschen Organisation „Lifeline“ vor Gericht und verbiete allen Schiffen der privaten Seenotrettung die Ausfahrt. Auch Italien lasse keine Rettungsschiffe mehr ausfahren und schließe die Häfen sogar für Boote mit hunderten Geflüchteten ohne ausreichende Versorgung. „Es ist eine unfassbare psychische sowie physische Belastung, wenn Menschen Schutz und Versorgung verweigert wird, die gerade aus Seenot gerettet wurden. Das verstößt gegen die Menschenrechte und es ist inakzeptabel, dass so etwas innerhalb der EU passiert“, so Kipfer-Didavi. Das internationale Seerecht verpflichte jeden auf internationalen Gewässern, Menschen in Seenot zu retten und in den nächsten sicheren Hafen zu bringen. Nach dem humanitären Völkerrecht dürften Geflüchtete auch nicht in ein Land oder Gebiet zurückgebracht werden, in dem Gefahr für sie drohe. Doch die libysche Seenotleitstelle übernehme seit kurzem auch die Überwachung der internationalen Gewässer vor ihrer Küste. Die Küstenwache Libyens habe ihr Einsatzgebiet ausgedehnt. „Die libysche Küstenwache, die mit EU-Mitteln ausgebaut wurde, bringt traumatisierte Menschen in ein Land zurück, in dem ihr Leben weiterhin bedroht ist. Es ist unverantwortlich, dass die EU den Schutz ihrer eigenen Außengrenze einem Staat überlässt, in dem Menschenrechte nichts zählen“, kritisiert Kipfer-Didavi.

Der Welttag der humanitären Hilfe lenkt die Aufmerksamkeit auf Millionen von Zivilisten, die durch Konflikte bedroht und getötet werden. Gleichzeitig wird am 19. August der humanitären Helfer_innen gedacht, die durch ihren Einsatz ihr Leben riskiert oder verloren haben. Hier finden Sie den Link zur Petition der weltweiten #NotATarget Kampagne.

zurück