Countdown 2030
Globale Ziele brauchen Zivilgesellschaft
Der Countdown läuft: Ab 2025 haben wir noch sechs Jahre Zeit, um den Zielen der Agenda 2030 näher zu kommen.
Die aktuellen Rückschritte geben großen Anlass zur Sorge. Viele wichtige Gipfel und Prozesse auf multilateraler Ebene prägen die Zusammenarbeit im Nachhaltigkeitsbereich für die kommenden Jahre. Parallel dazu startet die Diskussion über die Zukunft der Agenda 2030 der Vereinten Nationen (United Nations, UN) mit ihre nachhaltigen Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals, SDG).
Zivilgesellschaftliche Akteur_innen haben eine wichtige Rolle, diese Nachhaltigkeitsdiskurse auf multilateraler Ebene zu stärken und mitzugestalten. Im Rahmen des Projekts Countdown 2030 möchte sich VENRO zusammen mit entwicklungspolitischen und humanitären Netzwerken aus Brasilien (ABONG), Äthiopien (CCRDA) und Indien (VANI) in diese Debatten einbringen und dazu beitragen, nachhaltige Themen in multilateralen Prozessen zu stärken. Dieses Anliegen ist vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Spannungen besonders zentral.
Nähere Informationen zu unseren Partnern finden Sie hier.
VENRO ist – genauso wie seine Partner – in verschiedenen multilateralen Prozessen themenübergreifend aktiv und ist über seine nationale und internationale Vernetzung ein wichtiger Multiplikator. Folgende Ereignisse und Prozesse haben bzw. möchten wir mitgestalten:
- Den UN-Zukunftsgipfel (UN-Summit of the Future) 2024
- Die 4. Entwicklungsfinanzierungskonferenz (Conference on Financing for Development, FfD4) 2025
- Die Hamburg Sustainability-Konferenzen
- Die UN-Klimakonferenzen
- Die G7/G20-Prozesse
- Die Zukunft der Agenda 2030 und die Gestaltung des Entwicklungsnarratives
- Die Überarbeitung und Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie
Zentral sind für uns Themen mit einer Perspektive zur Verringerung von Armut und Ungleichheit wie
- Entwicklungsfinanzierung und internationale Finanzarchitektur
- Klimagerechtigkeit und Just Transition
- Ernährung, vor allem in der Schnittstelle zu Klimawandel und Gesundheit
Entwicklungsfinanzierung
„From Billions to Trillons“ – Das war die Vision für die Finanzierung der Agenda 2030 und der SDG in ihren Anfangsjahren. Diese ist vor den Realitäten verblasst. Für die Agenda 2030 stehen den Ländern immer weniger finanzielle Mittel zur Verfügung. Grund hierfür sind die notwendigen, aber weiterhin ausstehenden Reformen des internationalen Finanzsystems mit Blick auf die Überwindung der globalen Schuldenkrise, des globalen Besteuerungssystems, der Finanzmärkte und der gleichberechtigten Teilhabe der Länder des globalen Südens in den Governance-Strukturen der multilateralen Entwicklungsbanken. Um überhaupt noch in die Nähe einer Zielerreichung zu gelangen, braucht es politischen Willen, vor allem aber auch ambitionierte und mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattete Maßnahmen.
Über das Projekt Countdown 2030 setzen wir uns für eine gerechte internationale Finanzierung nachhaltiger Entwicklung ein – insbesondere für einen multilateralen Entschuldungsmechanismus, der private und öffentliche Geber einbezieht, sowie für die inklusive Gestaltung und Verabschiedung der UN-Steuerrahmenkonvention. Unsere Forderungen richten wir an internationale Zusammenhänge wie G7 und G20 und bringen sie in die Verhandlungen zur 4. Internationalen Entwicklungsfinanzierungskonferenz, die im Juni/Juli 2025 im spanischen Sevilla stattfinden wird, sowie in der UN-Steuerrahmenkonvention ein.
Nachhaltige Ernährungssysteme
Weltweit leiden 828 Millionen Menschen an Hunger. Diese Zahl steigt seit 2017 kontinuierlich an. Prekäre, informelle Jobs und fehlende soziale Sicherung, aber auch Wetterextreme als Folge des Klimawandels sowie Kriege tragen zur Ernährungsunsicherheit vieler Menschen weltweit bei. Klima/Umwelt-, Ernährungs- und Gesundheitskrise sind untrennbar miteinander verbunden. Sie lassen die Ungleichheit in und zwischen Gesellschaften weiter wachsen.
In zahlreichen multilateralen Prozessen und Gremien wie dem Welternährungsausschuss der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen oder der G7 und G20 wird das Thema „Verbesserung der Ernährungssituation“ aufgegriffen.
Im Rahmen unseres Projekts geht es uns darum, grundlegende Menschrechte zu schützen und soziale sowie wirtschaftliche Ungleichheit zu reduzieren. Die Resilienz von Menschen, Umwelt und Klima muss gestärkt werden. Im Nexus Klima/Umwelt, Ernährung, Gesundheit kann diese Widerstandsfähigkeit durch die umfassende und nachhaltige Transformation der Ernährungssysteme erreicht werden. Diese muss neben der konsequenten Einführung nachhaltiger Anbaumethoden auch auf holistische Konzepte wie One Health oder Planetary Health zurückgreifen. Für eine globale Transformation der Ernährungssysteme müssen aber auch globale strukturpolitische Maßnahmen umgesetzt werden. Hierzu gehören die Verwirklichung nachhaltiger Agrarlieferketten, um die Menschenrechte besser zu schützen, und die Reform des Agrarhandels, um die Einkommensperspektiven und die Ernährungssicherheit von (Klein-)Bäuer_innen zu verbessern. Negative Übertragungseffekte („Spillover-Effekte“) aus der deutschen und europäischen Agrarpolitik müssen beseitigt werden.
Soziale Sicherung ist ebenfalls ein wichtiges Instrument, um Ernährungssicherheit zu unterstützen. Sie ermöglicht zudem den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und reduzieren das Verarmungsrisiko durch Krankheit, Jobverlust und Naturkatastrophen. Deshalb ist die (finanzielle) Unterstützung des Auf- und Ausbaus sozialer Sicherungssysteme, auch mit Blick auf deren Klimaresilienz, dringend notwendig.
Bei der Entwicklung entsprechender Maßnahmen werden oftmals die Stimmen von vulnerablen Menschen, die besonders unter Ernährungsunsicherheit und ihren Gesundheitsfolgen sowie klimabedingten Wetterereignissen leiden, nicht gehört. Ihre Perspektiven und Vorstellungen müssen eingezogen werden. Dies ist auch vor dem Hintergrund bedeutsam, als dass in vielen Ländern im Globalen Süden der Raum für zivilgesellschaftliches Engagement durch die Regierungen immer stärker begrenzt wird.
Arbeitsschwerpunkte
Summit of the Future
Am 22. und 23. September 2024 fand in New York der Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen („Summit of the Future“) statt. Der Gipfel sollte den dringend benötigten Anschub liefern, um die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung umzusetzen. Darüber hinaus wurden auch Frieden und Sicherheit thematisiert und Lösungsansätze für strukturelle Reformen im multilateralen System und in der Entwicklungsfinanzierung formuliert. Mit dem „Pakt für die Zukunft“ wurde die Abschlusserklärung des Gipfels verabschiedet.
Hier geht es zu unserer Bewertung des Zukunftsgipfels.
In diesem Blogartikel geben wir weitere Informationen zum Zukunftsgipfel.
Hier formuliert unser indisches Partnernetzwerk VANI die Erwartungen an den Zukunftsgipfel.
Klima
Der Übergang zu einer klimagerechten globalen Gesellschaft ist eine der drängendsten Herausforderungen der kommenden Jahre. Die fortschreitende Klimakrise und die verheerenden Katastrophen, die wir derzeit erleben, treffen die verwundbarsten Staaten und Bevölkerungsgruppen am stärksten.
Diejenigen, die historisch am wenigsten zur Erderwärmung beigetragen haben, leiden am meisten unter den negativen Folgen – eine Ungerechtigkeit, die wir in unserer Arbeit adressieren. Bestehende Ungleichheiten und Diskriminierung, beispielsweise aufgrund von Geschlecht, Sexualität oder Herkunft, werden durch die Klimakrise verstärkt. Hinzu kommt, dass diese Staaten und Gemeinschaften nicht über die Strukturen und Ressourcen verfügen, um die Folgen für die Bevölkerung abzumildern oder die notwendige Widerstandsfähigkeit aufzubauen.
Um die schwerwiegenden Folgen des Klimawandels abzumildern, muss das Pariser Klimaabkommen konsequent umgesetzt und die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden. VENRO begleitet die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens in Zusammenarbeit mit der Klima-Allianz Deutschland und stellt konkrete Forderungen an die Bundesregierung, um sicherzustellen, dass sie ihren klimapolitischen Verpflichtungen nachkommt. Die neuesten Forderungen der deutschen Zivilgesellschaft, beispielsweise im Vorfeld des Weltklimagipfels in Aserbaidschan (COP29), können hier nachgelesen werden.
Arbeitsschwerpunkte
Im Rahmen des Projekts Countdown 2030 setzt sich VENRO gemeinsam mit seinen Partner ABONG, CCRDA und VANI für Klimagerechtigkeit in multilateralen Prozessen ein. Der Fokus liegt dabei auf den UN-Klimaverhandlungen und -konferenzen (Conference of the Parties, COPs) sowie den Foren zu den globalen Nachhaltigkeitszielen und der Entwicklungsfinanzierung. Insbesondere arbeitet das Projekt zur Schnittstelle von Klima, Ernährungssicherheit und Gesundheit sowie zur klimafreundlichen Umgestaltung des internationalen Finanzsystems.
Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie
Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) ist für die Bundesregierung ein wichtiges nationales Instrument zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Damit die DNS stärkere Wirksamkeit für die nachhaltige Entwicklung erreichen kann, muss die Politikkohärenz verbessert und sogenannte Spillover-Effekte stärker berücksichtigt werden. Auch die internationale Dimension globaler Nachhaltigkeit gilt es mit konkreten transformativen Maßnahmen voranzutreiben und mit aussagekräftigen Indikatoren nachzuhalten.
Über das Projekt Countdown 2030 setzt sich VENRO im Austausch mit seinen nationalen Partnern für die ambitionierte Umsetzung der Agenda 2030 ein. Hierfür bringen wir unsere Anforderungen an eine gerechte nachhaltige Entwicklung, die zu einer Reduzierung sozialer Ungleichheit wie Hunger und Armut beiträgt, im jeweiligen nationalen Kontext und auch auf globaler Ebenen ein. Ein Anlass wird der dritte freiwillige Staatenbericht der Bundesregierung zum Hochrangigen politische Forum (High-level Political Forum, HLPF) im Sommer 2025 sein. Beim HLPF werden die Fortschritte bei der Umsetzung der Agenda 2030 überprüft.