Humanitäre Hilfe
Humanitäre Hilfe hat zum Ziel, Leben zu retten und menschliches Leid zu lindern. Durch humanitäre Hilfsmaßnahmen werden Menschen unterstützt, die aufgrund von Krisen, Kriegen und Naturkatastrophen in Notlagen gedrängt werden. Humanitäre Hilfe soll sich nach den humanitären Prinzipien der Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität richten und allein basierend auf humanitären Bedarfen umgesetzt werden.
Laut Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) sind im Jahr 2025 ca. 305 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die steigende Zahl bewaffneter Konflikte, die Auswirkungen der Klimakrise, die wachsende Ernährungsunsicherheit und die zunehmende Schuldenkrise verschärfen humanitäre Notlagen auf der ganzen Welt. Die aktuellen Entwicklungen etwa im Gazastreifen, im Libanon, in Jemen, in Myanmar, im Sudan, in der Demokratischen Republik Kongo, in Mosambik, in der Ukraine oder in Haiti verdeutlichen die große Not der Menschen und die Notwendigkeit humanitärer Unterstützung. Frauen, Kinder und andere marginalisierte Gruppen sind häufig besonders betroffen.
Die erhebliche Lücke zwischen humanitären Bedarfen und finanziellen Mitteln ist katastrophal. In den vergangenen Jahren reichten die bereitgestellten humanitären Mittel bei weitem nicht aus, um die Millionen Menschen in Not zu erreichen. Die humanitären Bedarfspläne von OCHA waren 2024 nur zu etwa 46 Prozent gedeckt. Angesichts der enormen Budgetkürzungen, die nicht nur Deutschland für humanitäre Hilfe forciert, wird diese Lücke auch in den kommenden Jahren fortbestehen, und Millionen von Menschen werden nicht erreicht. Deutschland hat sich in den vergangen Jahren als einer der größten humanitären Geber etabliert. Angesichts der steigenden humanitären Bedarfe und im Sinne der internationalen Solidarität muss Deutschland sein finanzielles humanitäres Engagement ausweiten, statt hier zu kürzen.
Die Schaffung eines effektiveren und effizienteren humanitären Systems bleibt eine dringliche Aufgabe für die internationale Gemeinschaft – auch wenn dies die finanziellen Kürzungen nicht annähernd abfedern kann. Seit dem ersten Humanitären Weltgipfel im Mai 2016 wurden weltweit von Regierungen, UN-Organisationen, internationalen, nationalen und lokalen Nichtregierungsorganisationen sowie weiteren Akteur_innen eine Vielzahl von Prozessen angestoßen, um die humanitäre Hilfe wirkungsvoller zu gestalten. Der Grand Bargain, ein einzigartiges Abkommen zwischen Geber_innen und humanitären Organisationen, hat sich inzwischen zu einem wichtigen Pfeiler des humanitären Systems entwickelt. Die aktuellen Schwerpunkte des Grand Bargain sind die Stärkung einer lokal geführten humanitären Hilfe, die Qualität der humanitären Finanzierung, die Beteiligung von Betroffenen, der Nexusansatz sowie innovative Ansätze, beispielsweise vorausschauende humanitäre Hilfe. Auch Deutschland hat sich verpflichtet, zur Verbesserung des internationalen humanitären Systems beizutragen. Dies ist auch in der neuen humanitären Strategie des Auswärtigen Amts verankert. Nun gilt es, die dort genannten Schwerpunkte und Reformthemen umfassend umzusetzen, etwa durch Fortführung des Engagements im Rahmen des Grand Bargain.
LOCALliance: NROs für eine gerechte humanitäre Hilfe
LOCALliance ist eine Partnerschaft von fünf nationalen NRO-Netzwerken, die die Grundlage für eine nachhaltigere und lokalisierte humanitäre Hilfe in fünf Ländern schafft: in der Demokratischen Republik Kongo, in Frankreich, Deutschland, Pakistan und im Jemen. Die Arbeit des Konsortiums kann als Modell für den Paradigmenwechsel dienen, der von den Akteur_innen der humanitären Hilfe sowohl im Globalen Süden als auch im Globalen Norden seit Langem erwartet wird.
Lokale Gemeinschaften und Akteur_innen müssen in den Mittelpunkt der Entscheidungs- und Koordinierungsmechanismen gestellt werden. Nur so kann der internationale humanitäre Sektor inklusiv, gerecht und effizient gestaltet werden. LOCALliance konzentriert sich daher auf die Entwicklung effizienter lokaler Strukturen, die Unterstützung und Verbesserung politischer Strategien und Maßnahmen, die Entwicklung und Umsetzung neuer Finanzierungsmodelle und die gemeinsame Nutzung von Kapazitäten und Ressourcen.
Die Partnerschaft steht im Einklang mit den Zielen des Grand Bargain und soll die Rolle der nationalen Referenzgruppen bei der Gestaltung der humanitären Hilfe stärken.
Mitglieder dieser Koalition sind: CCONAT aus der Demokratischen Republik Kongo, National Humanitarian Network aus Pakistan, Localization Initiative aus dem Jemen und Coordination SUD aus Frankreich sowie der deutsche Dachverband VENRO.
Flucht und Vertreibung
Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) waren Mitte 2024 mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht vor Kriegen, Gewalt, Naturkatastrophen, Hungersnöten und Verfolgung. Diese Menschen riskieren häufig ihr eigenes Leben und das ihrer Familie, um einen sicheren Ort zum Leben zu finden. Die Mehrheit der Menschen werden in ihrem eigenen Land vertrieben, insbesondere die Konflikte und Gewalt im Sudan, in der Demokratischen Republik Kongo und in Palästina tragen zu dieser Entwicklung bei. Zudem suchen mehrere Millionen Menschen Schutz in anderen Ländern, häufig in Nachbarstaaten – meist selbst Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen, die von eigenen Konflikten oder Katastrophen geprägt sind. Zahlreiche Menschen machen sich aber auch auf den Weg nach Europa. Dem UNHCR zufolge sind 2024 schätzungsweise 2.600 Menschen bei dem Versuch, Europa über das Mittelmeer per Boot zu erreichen, ums Leben gekommen oder werden vermisst. Deutschland trägt auf europäischer und globaler Ebene Verantwortung, sich für den Schutz von geflüchteten Menschen einzusetzen und die Weichen für eine staatlich organisierte Seenotrettung zu stellen.
VENRO-Arbeitsgruppe Humanitäre Hilfe
Die humanitäre Hilfe ist ein eigener Arbeitsbereich bei VENRO. Die Arbeitsgruppe Humanitäre Hilfe arbeitet sowohl zu politischen als auch zu konzeptionellen und operativen Themen. Im Fokus steht der enge Dialog mit dem Auswärtigen Amt, auch im Rahmen des Koordinierungsausschusses für Humanitäre Hilfe (siehe unten), sowie mit dem Ausschuss Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestags. Der interne Fachaustausch zur Weiterentwicklung der humanitären Hilfe ist ein weiterer wichtiger Arbeitsbereich. VENRO leistet einen Beitrag, um die Qualität der Arbeit der Mitgliedsorganisationen in der humanitären Hilfe weiter zu verbessern. Internationale humanitäre Prozesse werden vor allem über die Mitgliedschaft im International Council of Voluntary Agencies (ICVA) mitgestaltet.
Aktuelle Themenschwerpunkte für die Arbeitsgruppe sind die Förderung eines verstärkt lokal geführten humanitären Systems, die Stärkung des humanitären Völkerrechts und der humanitären Prinzipien, die Gefahr einer zunehmenden Politisierung der humanitären Hilfe, Finanzierungsfragen, die Vereinfachung von Förderbedingungen und die vorausschauende humanitäre Hilfe.
Koordinierungsausschuss für Humanitäre Hilfe
Der Koordinierungsausschuss für Humanitäre Hilfe ist ein wichtiges Gesprächs- und Abstimmungsforum zwischen Bundesregierung, humanitären Nichtregierungsorganisationen und weiteren deutschen humanitären Interessensgruppen. Der Koordinierungsausschuss dient der Diskussion operativer und konzeptioneller Fragen der deutschen humanitären Hilfe. VENRO hat gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt den Vorsitz inne. Jährlich finden mehrere reguläre Sitzungen sowie eine Klausurtagung statt. Darüber hinaus finden krisenbezogene Sondersitzungen aus aktuellen Anlässen statt.
Aktuelle Themen im Koordinierungsausschuss sind die Umsetzung der neuen humanitären Strategie des Auswärtigen Amts, Finanzierungsfragen, die Umsetzung des Grand Bargain, insbesondere die Stärkung lokaler humanitärer Akteur_innen, Gender und Inklusion in der humanitären Hilfe sowie vorausschauende humanitäre Hilfe.
Fortbildungsangebot
Im Rahmen der Arbeitsgruppe Humanitäre Hilfe und in Seminaren zu spezifischen humanitären Themen tauschen sich unsere Mitgliedsorganisationen zu aktuellen humanitären Herausforderungen und Fragestellungen aus.
Eine Auswahl an aufgezeichneten Onlineseminaren sowie interaktiven Lernvideos steht kostenfrei auf unserer E-Learning-Seite zur Verfügung. Dort finden sich beispielsweise Videos zu Security Risk Management, partizipativer Datenerhebung, Korruptionsprävention, Remote Programming, Protection Standards oder Fürsorgepflichten von NRO.
Weitere Informationen zum Thema humanitäre Hilfe und zur Arbeitsgruppe finden Sie auf unserem Blog.
Ansprechperson für die Arbeitsgruppe und den Koordinierungsausschuss ist Maya Krille (m.krille(at)venro.org).
Bei Fragen zum Fortbildungsangebot wenden Sie sich bitte an Karoline Krähling (k.kraehling(at)venro.org).
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