„Die Zahlen zu den deutschen Entwicklungsausgaben sind geschönt und vermitteln der Öffentlichkeit ein völlig falsches Bild“, erklärt Michael Herbst, Vorstandsvorsitzender des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO). „Deutschland deklariert immer mehr Mittel als Entwicklungszusammenarbeit, die gar nicht den Ländern des globalen Südens zu Gute kommen. Besonders trifft dies auf die Unterbringungskosten für geflüchtete Menschen zu. Den Zahlen nach ist Deutschland dadurch das größte Empfängerland seiner eigenen Hilfen."
Deutschlands offizieller Beitrag zu Entwicklungszusammenarbeit und Humanitärer Hilfe ist im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent von 0,85 auf 0,79 Prozent der Wirtschaftsleistung zurückgegangen – obwohl immer mehr Gelder angerechnet werden, die im Inland verbleiben. Die Unterbringungskosten von Geflüchteten machen nun fast 20 Prozent der deutschen Entwicklungsausgaben aus. Schaut man allein auf die Gelder, die Deutschland tatsächlich verwendet, um die Staaten im globalen Süden zu unterstützen, liegt die ODA-Quote bei 0,64 Prozent. Dies entspricht einem Rückgang von 12 Prozent.
„Die Ampelkoalition hat sich 2023 auf einen Kürzungspfad begeben und plant bis zum Ende der Legislaturperiode weitere historisch beispiellose Kürzungen zu Lasten der internationalen Solidarität", kritisiert Herbst. „Damit bricht sie nicht nur ihren eigenen Koalitionsvertrag, sondern auch die Zusagen an unsere Partnerländer im globalen Süden. Dies ist politisch kurzsichtig und verantwortungslos."
„Es ist unerlässlich, dass Deutschland seine Verantwortung als eines der reichsten Länder der Welt wahrnimmt und seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt", so Herbst weiter. „Die Bundesregierung muss ihre Prioritäten neu ausrichten und sich für eine Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit einsetzen. Um Hunger und Armut zu überwinden, soziale Ungleichheiten abzubauen und den vielen humanitären Krisen weltweit zu begegnen, brauchen wir im kommenden Jahr echte Finanzmittel und keine Rechentricks."