„Die aktuelle Debatte über die deutsche Flüchtlingspolitik zeigt, dass Geflüchtete wie eine Verschiebemasse betrachtet werden, um rechtspopulistischen Kräften entgegenzukommen und Machtfragen innerhalb der Koalition zu klären. Wir verurteilen die Ankündigungen auf das Schärfste, Flüchtlinge zurückzuweisen, die an deutschen Grenzen Asyl beantragen. Auch wenn die Betroffenen bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, haben sie das Recht auf ein Verfahren, das die Zuständigkeit für ihren Asylantrag klärt“, sagt Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender des Verbandes für Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO). Geflüchtete, in deren Fall das Recht auf Familieneinheit an erster Stelle stehe und deren naheste Angehörige in einem anderen EU-Land leben, dürften nach der Dublin-III-Verordnung dort auch entsprechend ihren Antrag stellen. Eine Zurückweisung sei aus europa- und menschenrechtlichen Verpflichtungen heraus nicht zulässig.
VENRO verurteilt die Abschottungspolitik an den EU-Außengrenzen, wie sie besonders im Mittelmeer forciert wird. „Durch die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache werden die Außengrenzen dicht gemacht. Dabei nimmt die EU billigend in Kauf, dass Betroffene in unzumutbare Lager zurückgeschoben werden, in denen sie um ihr Leben und ihre Gesundheit fürchten müssen“, so Bornhorst. „Durch Grenzsicherung, Polizeiausbildung und biometrische Pässe werden afrikanische Migrationsrouten kontrolliert und die Grenzen Europas vorverlagert. Dieses Migrationsmanagement behindert die Freizügigkeit von Menschen, Waren und Dienstleistungen beispielsweise innerhalb der westafrikanischen Region und damit auch die wirtschaftliche Entwicklung“, sagt Bornhorst.
VENRO setze sich für eine faire Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der gesamten EU ein. Bilaterale Rückführungsabkommen, wie sie aktuell von Kanzlerin Merkel ins Auge gefasst werden, seien keine Alternative, weil sie die europäischen Rechtsvorschriften außer Kraft setzen würden. Außerdem warnt der Verband davor, den Flüchtlingsschutz auf Drittstaaten zu verlagern. „Wir lehnen Aufnahmelager beispielsweise im nördlichen Afrika ab. Ein Flüchtlingsschutz ist dort nicht sicherzustellen. Wir müssen dagegen viel mehr Verantwortung übernehmen, um die Globalisierung gerecht zu gestalten und den Menschen mittelfristig Lebens- und Zukunftschancen vor Ort zu eröffnen“, so Bornhorst.